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Im Fokus

Im Fokus SDG 14 Leben unter Wasser: Auf Kurs für den Schutz der Meere

Mit dem 14. Nachhaltigkeitsziel „Leben unter Wasser“ setzt die Agenda 2030 der Vereinten Nationen ein klares Signal: Die Ozeane unserer Welt sind von unschätzbarem Wert. Es lautet konkret „Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen“. Dieses Ziel legt den Fokus auf den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Weltmeere und ihrer Ressourcen.

Der Schutz und die Wiederherstellung mariner Ökosysteme sowie der Erhalt der Artenvielfalt im Meer sind die Ziele. Ebenso die drastische Reduktion der Meeresverschmutzung – ein Kampf gegen Müllberge, Plastikfluten, Nährstoffeinträge und andere Substanzen. Auch die Überfischung der Meere soll verhindert werden. Um die Fischbestände zu erhalten, muss auf nachhaltige Fischereipraktiken umgestiegen werden.

Dazu ist verstärkte Forschung über das Meer und dessen Bedeutung unverzichtbar. Nur so können wir ein besseres Verständnis für die Folgen menschlichen Handelns auf die Meere entwickeln und Lösungen finden, die uns beim Schutz der Meeresumwelt voranbringen. 

Aus schleswig-holsteinischer Perspektive ist es positiv, dass mit dem Ziel „Leben unter Wasser“ die entscheidende Rolle der Ozeane für das globale Ökosystem anerkannt wird. Schleswig Holstein ist das einzige Bundesland zwischen zwei Meeren. Viele Menschen bei uns leben von und mit dem Meer. Angesichts von über 1.100 Kilometern Küstenlinie sind maritime Themen bei uns allgegenwärtig: Es geht um die Vereinbarkeit von Tourismus und Umweltschutz, die Auswirkungen des Klimawandels etwa auf unser Wattenmeer und um die Bergung von Munitions-Altlasten in Nord und Ostsee.

Der Landesregierung liegt daher das 14. Nachhaltigkeitsziel besonders am Herzen. Schleswig Holstein nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. Vor allem die Förderung der Meeresforschung steht dabei für uns im Zentrum. Die Meeresforschung ist daher auch ein zentraler Schwerpunkt in unserer Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Ein Leuchtturm auf diesem Gebiet ist unser GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR), eine wichtige Institution sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene in der Meeresforschung.

Die Forschenden des GEOMAR glänzen in Disziplinen wie der physikalischen Ozeanographie, der marinen Biologie, der Meereschemie und der Tiefseeforschung. Ihre Forschungsergebnisse haben bereits viel beitragen können zu einem besseren Verständnis von Klimawandel, Ökosystemen und Ressourcennutzung. Auch bei der Bergung von Munitionsaltlasten ist es die Absicht des GEOMAR, mit seiner Expertise eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Zur hervorragenden Forschungsinfrastruktur des GEOMAR gehören Forschungsschiffe, Unterwasserfahrzeuge und modernste Labore. Als Teil der Helmholtz Gemeinschaft ist das GEOMAR in nationale Forschungsnetzwerke eingebunden. Es spielt eine Schlüsselrolle in der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM), die die Koordinierung und strategische Weiterentwicklung der Meeresforschung in Deutschland fördert. 

Auch international genießt das GEOMAR einen exzellenten Ruf in der Meeresforschung. Es ist an zahlreichen internationalen Forschungsprojekten und Kooperationen beteiligt und trägt dazu bei, das Verständnis der Ozeane weltweit zu vertiefen. Ein Beispiel dieser internationalen Zusammenarbeit in der Meeresforschung zeigt sich im Ocean Science Centre in Mindelo auf den Kapverdischen Inseln. Hier kooperieren das GEOMAR und das Instituto do Mar bei Langzeitbeobachtungen im tropischen Nordostatlantik. Somit trägt das GEOMAR erheblich dazu bei, das Verständnis der Ozeane und ihrer Bedeutung für das globale Ökosystem zu vertiefen.

Ein tieferes Verständnis der Meere – ein dringendes Gebot unserer Zeit. Die Ozeane bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche. Diese Fläche prägt unser gesamtes Ökosystem. Unsere Existenz hängt entscheidend von der Gesundheit der Meere ab. Auch, weil mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung weniger als 100 Kilometer von der Küste entfernt lebt und hunderte Millionen Menschen für ihren Lebensunterhalt auf die Meere angewiesen sind.

Mittlerweile wissen wir, dass die Weltmeere auch im Kampf gegen den Klimawandel einen erstaunlichen Beitrag leisten. Etwa 30 Prozent des seit Beginn der Industrialisierung in die Atmosphäre gelangten Kohlendioxids haben die Meere aufgenommen. Um dieses Zusammenspiel besser zu verstehen, ist ein umfassendes Verständnis der dort ablaufenden Prozesse notwendig. Die Wirkungen beeinflussen sich zum Teil gegenseitig oder summieren sich. Diese komplexen, in großen Teilen noch unerforschten Wirkzusammenhänge sind charakteristisch für das Ökosystem Meer und erfordern einen umsichtigen Umgang mit unseren Meeren, die weitere Erforschung der ökosystemaren Zusammenhänge, eine Überwachung des Zustands der Meere und gezielte Schutzmaßnahmen. Die weltweite Meeresforschung spielt deshalb die entscheidende Rolle. Sie hat uns beispielsweise die Augen geöffnet, wo dringender Handlungsbedarf besteht – etwa im Hinblick auf die unsichtbare Mikroplastikverschmutzung.

Dank der Forschung wissen wir, dass die Tiefsee der größte Lebensraum unseres Planeten ist. Unter eigentlich lebensfeindlichen Bedingungen haben sich unzählige hochspezialisierte Lebewesen entwickelt. Dieser Lebensraum bleibt für uns derzeit trotz beeindruckender Forschungswerkzeuge wie Tiefseerobotern immer noch größtenteils fremd und unzugänglich. Wir sind und bleiben daher auf Expertinnen und Expertenangewiesen, die für uns die Geheimnisse der Ozeane von der Oberfläche bis zur dunklen Tiefsee erkunden. Mit dem Transfer der daraus gewonnenen Erkenntnisse können dann Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gemeinsam mit der Wissenschaft die richtigen Schritte ergreifen.

Das Leben unter Wasser ist anders. Angepasst, doch bedroht von Müll, Lärm, Nährstoffüberschüssen und Klimawandel. Das 14. Ziel erfordert politisches Handeln – lokal und global – und es ist auch eine ethische Verpflichtung. Für Schleswig Holstein heißt das zum Bei spiel: Wir engagieren uns aktiv für den Ostseeschutz. Die Ostsee prägt unser Leben in Schleswig Holstein, aber ihr Zustand ist schlecht. Wir müssen besser mit ihr umgehen. Wie das gelingen kann, darüber wird gerade intensiv diskutiert.

Nord und Ostsee spielen mit ihren charakteristischen Lebensräumen eine große Rolle für die biologische Vielfalt. So bilden die Förden und Seegraswiesen der Ostsee sowie das Wattenmeer der Nordsee zum Beispiel die Kinderstuben von Fischen. Im Frühjahr und im Herbst wandern Millionen Zugvögel zwischen ihren Sommer und Winterstandorten und nutzen die Küsten der Nord und Ostsee als Rastgebiete. Weiterhin finden in unseren Meeren Schweinswale, Robben sowie zahlreiche Tiere und Pflanzen des Freiwassers und des Meeresbodens ihre Lebensräume.

An der Westküste Schleswig Holsteins gibt es zudem einen einzigartigen Lebensraum: das Wattenmeer. Die Schleswig-holsteinische Nordseeküste ist von Sylt bis zur Elbmündung mit ihren Inseln und Halligen sowie dem Elbästuar im Süden ein besonders vielfältiger und wertvoller Lebensraum. Typisch sind vor allem die Gezeitendynamik und die speziell an diese Landschaft angepassten Lebensgemeinschaften. Die Einmaligkeit dieses Lebensraumes wurde mit der Ernennung des Wattenmeeres als Weltnaturerbe im Jahr 2009 besonders betont.

Für ein besseres Verständnis zur Schutzbedürftigkeit dieses einzigartigen Ökosystems setzt unsere Nationalparkverwaltung Schleswig Holsteinisches Wattenmeer auf Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), um junge Menschen zu reflektiertem Denken und Handeln zu ermutigen.

Da das Ökosystem Meer in seinen Wechselwirkungen und Herausforderungen nicht an Landesgrenzen Halt macht, engagiert sich Schleswig Holstein im Meeresschutz nicht nur innerhalb des Küstenmeeres, sondern auch in der nationalen, regionalen und internationalen Zusammenarbeit und innerhalb der jeweiligen Rechtsregime, Kooperationen und Übereinkommen. Erfreulicherweise hat es auf nationaler und europäischer Ebene in den vergangenen Jahren Fortschritte beim Meeresschutz gegeben: Den rechtlichen Rahmen für Schleswig Holsteins Handeln setzen insbesondere die EU Meeresstrategie Rahmenrichtlinie (MSRL) sowie die regionalen Meeresübereinkommen HELCOM und OSPAR. Weiterhin umfassen auch Vorgaben des Naturschutzes, insbesondere die FFH Richtlinie und die EG Vogelschutzrichtlinie, Aspekte des Schutzes der marinen Arten und Lebensräume. Schleswig Holstein ist Partner in der Bund Länder Arbeitsgemeinschaft Nord und Ostsee (BLANO), in der Bund und Länder gemeinsam die Ziele des Meeresschutzes verfolgen. Schleswig Holstein kann und will als Standort bedeutender Meeresforschung

einen Beitrag zum Erreichen des 14. Nachhaltigkeitsziels leisten. Über gemeinsame Anstrengungen von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft können wir sicherstellen, dass unsere Meere im Sinne nachhaltiger Entwicklung bewahrt und genutzt werden. Wir sind schließlich nicht nur Zeugen des faszinierenden Lebens unter Wasser, sondern auch seine Hüter – zum Wohl von uns allen und der Zukunft unserer Kinder. 

Daniel Günther, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, 

März 2024

Der Artikel wurde im Rundbrief Bildungsauftrag Nord-Süd Nr. 118 veröffentlicht.